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Schritt für Schritt zur besseren Candidate Experience

29. April 2021 | 8 Minuten Lesezeit

Hand aufs Herz: Wie userzentriert ist Ihre Karriere-Website eigentlich? Bieten Sie relevante Inhalte? Oder besser noch, nehmen Sie Ihre Kandidat:innen an die Hand und führen Sie sie zu passenden und relevanten Inhalten?

Nehmen Sie Ihre Kandidat:innen an die Hand.

“Alle verfügbaren Informationen sind doch auf unserer Karriere-Website zu finden – gemäß unserer Corporate-Richtlinien auf vorgegebene Navigationsebenen.” So oder so ähnlich lauten viele Aussagen seitens Unternehmen, die sich bemühen, auf einem engen Arbeitsmarkt die passenden Kandidat:innen von sich zu überzeugen. Jedoch bei näherer Betrachtung feststellen, dass ihre Karriere-Website eher noch unternehmenszentriert ist. Eben weil viele Unternehmen nun mal am besten wissen, wie ihr Unternehmen funktioniert. Und weniger gut, wie ihre Kandidat:innen draußen in der Welt „funktionieren“.

Fakt ist, dass eine userzentrierte Aufbereitung der Inhalte begünstigt, dass unterschiedliche User:innen mit unterschiedlichen Bedürfnissen leicht und verständlich die für sie relevanten Inhalte finden. Das, was für Kandidat:innen relevant ist, wird bewusst gesucht – und meist beginnt die Suche bei Google.

Leider gibt es kein Rezeptbuch für Candidate Experiences – schon gar nicht solche, die uns im Jamie-Oliver-Style mit drei raffiniert kombinierten Basics jeden Abend aus der Essenstristesse retten. Was es jedoch gibt: Das kontinuierliche Daran-Arbeiten und stetige Optimieren.

Von vorn: Candidate Experience ist ein bisschen wie kochen

Candidate Experiences zu optimieren ist – wie Employer Branding und erfolgreiches Recruiting an sich – echte, ehrliche Arbeit. So wie Kochen. Nicht privat, sondern geschäftlich – in einem Restaurant, in dem man auch noch Erträge erwirtschaften will. Lassen Sie uns den Gedanken einfach mal weiterspinnen und uns in die Zeit vor der Coronawelle versetzen.

Damals musste man nämlich die Gäste Abend für Abend neu davon überzeugen, das richtige Restaurant gewählt zu haben und dass das tausendste Gericht, das man gerade kocht, mit genauso viel Hingabe und Aufmerksamkeit zubereitet wurde wie das erste, zehnte oder einhundertste. Noch dazu mit sich ständig ändernden Rahmenbedingungen.

Zu den Stammgästen kamen neue Gäste, von denen einige pflegeleicht waren und andere ewig nörgelten. Zutaten waren nicht immer gleich gut. Je nach Saison – ja sogar je nach Charge – konnten diese von unterschiedlicher Qualität sein. Vielleicht war der Fisch auf dem Markt nicht frisch und der Preis für Steinpilze über Nacht um 150 % gestiegen. Der Koch hatte vielleicht mal einen schlechten Tag und am nächsten Tag fiel ein Teil des Service krankheitsbedingt aus. Von diesem täglichen Drahtseilakt konnten Gastronomen ein Lied singen.

Aber schlossen deshalb Millionen von Restaurants ihre Pforten, weil dieses Geschäft zu anstrengend war? Nein. Denn so ist nun mal die Gastronomie. Und wer das nicht liebt, war und ist dort fehl am Platz.

Welche Erfahrungen sammeln Menschen mit Ihrer Arbeitgebermarke?

Aber zurück zu Employer Branding, Karriere-Websites und Relevanz von Inhalten. Selbst Candidate Journeys und Experiences klar voneinander zu trennen, ist gar nicht so leicht. Schließlich endet eine Reise ja nicht mit dem Klick auf den Bewerbungs-Button, um von einer Erfahrung abgelöst zu werden. Wenn wir das denken würden, wären wir wieder in der Jamie Oliverschen Simplifizierungsfalle gelandet – denn wir würden Prozess und Technologie mit Emotionen in einen Topf werfen.

Wahrnehmungen und Erfahrungen – und damit verbundene Emotionen – von Kandidat:innen können sich an jedem Punkt ihrer individuellen Journey bilden. Durch positive Erfahrungen wächst erst einmal grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass Kandidat:innen sich mit Ihrem Angebot auseinandersetzen, es annehmen und sich letzten Endes auch bewerben.

Ob sie das tun, hängt aber von vielen rationalen und emotionalen Einflussfaktoren rund um das Arbeitgebermarkenerlebnis und die Nutzbarkeit von Hilfsmitteln ab, die während der Journey genutzt werden – und dazu gehört Ihre Karriere-Website als Dreh- und Angelpunkt aller Personalmarketing-Aktivitäten.

Läuft alles wie erwartet, wird das zwar als „normal“ bewertet, aber nicht zwingend als positiv abgespeichert. Läuft dagegen etwas schief, bleibt Kandidat:innen das nicht nur im Gedächtnis hängen, sondern verdrängt sogar die positiven Erfahrungen. Das ist evolutionär bedingt und ein wesentlicher Grund dafür, dass Homo sapiens den Kampf gegen giftige Pflanzen und Säbelzahntiger überlebt hat und heute da ist, wo er ist: im besten Fall auf Ihrer Karriere-Website.Aus einer reinen Besucherin oder einem reinen Besucher Ihrer Karriere-Website ist also eine Userin oder ein User geworden. Und als User:in wird diese Person mit Ihrer Website ihre Erfahrungen machen – die rationaler und emotionaler Natur sind. Dabei setzt sich die User Experience aus allen Wahrnehmungen und Reaktionen zusammen, die aus der tatsächlichen und/oder erwarteten Benutzung eines Produkts, eines Systems oder einer Dienstleistung resultieren (frei nach DIN ISO 9241-210).

Auch an dieser Stelle erhöhen natürlich positive Erfahrungen im Rahmen der User Experience die Wahrscheinlichkeit, dass Kandidat:innen den gewünschten Schritt ausführen, nämlich sich bestenfalls zu bewerben.

Journey oder Experience? Die Chemie muss stimmen

Candidate Journey oder User Journey? Candidate Experience oder User Experience?
Die Anwort ist immer: Alles davon. Aber alles zu seiner Zeit. Vielleicht können wir uns gedanklich auf die folgenden Abgrenzungskriterien einlassen, um später besser auf Attribute eingehen zu können, mit denen Sie als HR-verantwortliche Person Journeys und Experiences zielgerichteter und ergebnisorientierter einsetzen können:

  • Die Candidate Journey betrifft sämtliche Touchpoints von Kandidat:innen bzw. Bewerber:innen mit Ihnen als Arbeitgeber
  • Die Candidate Experience betrifft sämtliche Erfahrungen aus dieser Journey als Kandidat:in bzw. Bewerber:in
  • Die User Journey beschreibt die Klickwege auf einer Website
  • Die User Experience beschreibt alle Erfahrungen als Nutzer:in einer Website

Eine Candidate Journey ist also durchaus komplex und enthält wesentlich mehr Kontaktpunkte als die Karriere-Website. Sie hört auch nicht mit der Bewerbung auf, sondern beginnt bei der ersten Wahrnehmung der Arbeitgebermarke, verläuft über den Bewerbungsprozess, das Einstellungsverfahren und das Onboarding und endet auch nicht. Denn Employer Branding findet idealerweise kontinuierlich statt.

Positive Erfahrungen können dabei durch viele Erlebnisse entstehen: die emotionale Aufbereitung Ihrer Arbeitgebermarke, die hervorragende Nutzungsqualität Ihrer Karriere-Website, das überraschend spannende Profil des Jobs, die ideale Gehaltsspanne oder einfach der freundliche Kontakt zum/zur Recruiting-Ansprechpartner:in.
Schon ein einziger Faktor kann dazu führen, dass sich jemand ernsthaft bewirbt, und manchmal reichen alle Faktoren zusammen nicht aus, um jemanden zur Bewerbung zu motivieren. Woran liegt das? In der Regel daran, dass bei der Candidate Journey sowohl mediale und technische als auch kommunikative und emotionale Erfahrungen gesammelt und verarbeitet werden. Dabei entsteht ein bunter Erfahrungscocktail aus Botschaften, Algorithmen und Neurotransmittern.

Letzteres liegt daran, dass der Homo sapiens noch genauso funktioniert wie vor 315.000 Jahren. Gesteuert durch chemische Botenstoffe wie Endorphin, Dopamin, Serotonin oder Oxytocin. Diese sorgen dafür, dass uns bestimmte Dinge antreiben, belohnen oder emotional an etwas binden. Daher ist es nicht zielführend, emotionale und rationale Erlebnisse voneinander zu trennen. Um rationale Erfahrungen („Funktioniert. Dann ist ja alles gut.“) in emotionale umzuwandeln („Wenn alles gut ist, bleibt es mir positiv in Erinnerung.“), müssen mögliche Journeys immer von zwei Seiten – emotional/kommunikativ und funktional/technisch – betrachtet werden, wenn es darum geht, potenziellen Kandidat:innen eine optimale Experience zuteil werden zu lassen.

Kurzum: Eine Entscheidungsfindung ist noch immer ein Aushandlungsprozess zwischen unserem limbischen System und unserem präfrontalen Cortex. Ersteres ist das Zentrum für Emotionalität, Letzterer das Zentrum für Rationalität, also Vernunft. Manchmal gibt es einfach keine klare Grenze. Weder zwischen Journey und Experience, noch zwischen Schwarz und Weiß oder Ardipithecus ramidus und Homo sapiens.

Evolution vom Unwissenden zum Bewerbenden

Betrachten wir es als eine Art Evolution, denn auch Journeys und Experiences sind Transformationsprozesse. Unseren menschlichen Bedürfnissen besser entsprechend ist eine langsame Transformation: eine kleine Evolution von Unwissenheit oder Neugier zu Interesse. Dann von Interesse zu Bewerbung zu Probezeit zu Mitarbeit zu selbstverständlicher Botschafter-Tätigkeit. Doch was braucht es dafür?

Stufe 1: Um Unwissende/Neugierige zu Interessenten zu machen, braucht es einen ersten Impuls. Das kann ein Werbemedium sein oder eine bezahlte oder selbst übermittelte Botschaft in einem sozialen Netzwerk. Ein kurzes Gespräch auf einer Messe. Ein Gerücht oder Gespräche mit Bekannten oder Kommiliton:innen. Wenn es sich einrichten lässt, sollte jeder erste Impuls einen „Call to Action“ liefern, wie etwa den Hinweis auf weitere Informationen … die in der Regel auf der Karriere-Website stehen.

Stufe 2: Um Interessierte zu Kandidat:innen zu machen, bedarf es schon etwas mehr Informationen. Solche zum Unternehmen, zur Tätigkeit, zur Kultur und zu den Vorteilen des Jobs. Hier sollte Ihre Karriere-Website Einblicke in Ihr Unternehmen bieten und Gründe liefern, warum man bei Ihnen arbeiten sollte. Dabei helfen multimediale Inhalte unter dem Motto „Mobile First“. Immer mit Blick auf die möglicherweise passenden Stellen und einem Link zu den Jobs. Wichtig ist dabei vor allem, dass sich die Karriere-Website auf die Kandidat:innen einstellt – und nicht umgekehrt.

Stufe 3: Damit Kandidat:innen zu Bewerber:innen werden, braucht es dagegen schon den jeweils richtigen und passenden Job. Die Möglichkeit, weitere Informationen zur Tätigkeit und zu den Rahmenbedingungen zu erhalten und sich bewerben zu können. Und im besten Fall einen direkten Ansprechpartner, der direkt Fragen von Kandidat:innen beantworten kann.

Stufe 4: Auf dem Weg von Bewerber:in zu Probezeitler:in benötigt man einen zielführenden Bewerbungsprozess. Dieser Prozess muss definiert und implementiert werden, wobei unterschiedliche Unternehmen – mitunter sogar Geschäftszweige des gleichen Unternehmens – durchaus unterschiedlich komplexe Bewerbungsprozesse aufweisen können. Von der Schnellbewerbung bis hin zur Einbindung der Schwerbehinderten-Vertretung oder des Betriebsrats.

Eine wichtige Rolle kommt dabei Ihrem Bewerbermanagement-System und Ihrer Bewerberkorrespondenz zu. Können Sie sich zügig bei Ihren Bewerbern zurückmelden? Wie gut und schnell können sich Ihre Fachabteilungen untereinander abstimmen? Wer oder was bremst die Bewerberauswahl? Was bringt Ihnen die beste Arbeitgebermarke, wenn Sie aufgrund Ihrer Prozesse immer einen Schritt langsamer sind als Ihre Konkurrenz?

Und wie kommunizieren Sie innerhalb Ihres Prozesses mit Kandidat:innen? In Echtzeit? Im Sinne Ihrer Arbeitgebermarke? Und was geschieht bei Absagen? Auch das ist eine Frage der Bewerberkorrespondenz, die beantwortet werden muss, um übermäßig negative Erfahrungen zu vermeiden. Schließlich könnten potenzielle Kandidat:innen ja auch Verwender:innen Ihrer Marke sein und durch schlechtes Absagemanagement zu Meider:innen Ihrer Marke werden.

Um aus abgelehnten Bewerber:innen wieder zukünftige Kandidat:innen zu machen, bieten sich Pools und entsprechende Community Tools an, die helfen, in Kontakt zu Kandidat:innen zu bleiben oder sie inhaltlich – und somit emotional – an Ihr Unternehmen zu binden.

Stufe 5: Eine Community kann übrigens auch dabei helfen, um Probezeitler:innen zu Mitarbeiter:innen zu machen. Denn Onboardings sollten durchdacht und strukturiert sein, damit geweckte Erwartungen an die Stelle und das Unternehmen erfüllt werden. Dabei helfen Serviceabteilungen, Paten oder Mentoren genauso wie ein Willkommenspaket aus Brand Guide, Schulungsangeboten und Austauschmöglichkeiten. Gerade in der heutigen Zeit, in der Onboardings auch virtuell funktionieren müssen.

Es lohnt sich, Bewerbende zu verstehen

Sie sehen, es gibt ihn also nicht, DEN einen Weg oder DIE eine Erfahrung.
Stattdessen gibt es einen Transformationsprozess vom Marken-Unwissenden zum Marken-Verbundenen und von Kandidat:innen zu Mitarbeitenden. Ein Transformationsprozess, der an allen Stellen begleitet werden muss – strategisch, prozessual, inhaltlich und technologisch.

Klar, Technologie erlaubt uns dabei heute mehr denn je, Möglichkeiten anzubieten oder auszuschöpfen, um Kandidat:innen effektiver anzusprechen, Bewerbungsprozesse smarter zu gestalten oder Mitarbeitende zu Fans der eigenen Marke zu machen. Aber es gibt kein Geheimrezept für alle Anforderungen. Als Arbeitgeber sollten Sie möglichst viele Wege sinnvoll abdecken. Das sind die potenziellen Zugangswege zu Ihrer Marke, Ihrer Arbeitgebermarke und Ihrer Karriere-Website als Dreh- und Angelpunkt, an dem Markenerlebnis und Rekrutierungsprozess zusammenlaufen.

Dabei sollten Sie richtige Botschaften dorthin senden, wo Ihre Zielgruppen sind. Auf Ihrer Karriere-Website zielgerichtete Führung bieten. Einen fließenden Übergang von Ihrer Karriere-Website zu Ihrem Bewerbermanagement-System schaffen, der keine Medienbrüche aufweist und Beeinträchtigungen der User Experience zur Folge hat.Und wer partout im Jamie-Oliver-Style drei kreativ kombinierbare Basics benötigt, sollte aus unserer Sicht folgende verwenden:

  • Um aus unwissenden, potenziellen Kandidat:innen Botschafter:innen Ihres eigenen Unternehmens zu machen, brauchen Sie als Erstes ein strategisches Employer Branding (Gerüst statt Korsett).
  • Zweitens eine passgenaue Kommunikation auf Basis einer Kommunikations- oder Contentstrategie.
  • Und drittens ein für Ihr Unternehmen passendes Bewerbermanagement-System, das mit der richtigen Mischung aus Individualisierung und Standardisierung auf Ihr Unternehmen zugeschnitten ist.

Wobei das Ganze dann noch mit einer ordentlichen Prise Zeit gewürzt sein darf! Denn wie die Evolution selbst brauchen Transformationsprozesse ihre Zeit und die einzelnen Schräubchen im Getriebe der Zeit müssen ständig nachjustiert werden …

Schlagwörter: Bewerbermanagement, Candidate Experience, Employer Branding, HR, milchundzucker, Personalmarketing, Recruiting

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